08.07.2023: FKF Mystery-Tour Teil 2

Spoorwegmuseum Utrecht


Wer als Freizeitparkfan Drievliet besucht, besucht in der Regel am selben Tag auch Duinrell. Entsprechend ging wohl der Großteil der Teilnehmer der FKF Mystery-Tour davon aus, dass es am Nachmittag weiter nach Wassenaar gehen würde - auch wenn es dann ziemlich ärgerlich gewesen wäre, dass ich im Voraus nicht doch nach der Sinnhaftigkeit von Badesachen im Gepäck gefragt hatte. Doch es wurde schnell klar, dass die Busse eine andere Richtung einschlugen. Das klassische Freizeitpark-Double um Den Haag war den Organisatoren offensichtlich nicht mysteriös genug. Erneut wurde die Coaster-Count-Karte zurate gezogen, ob da vielleicht eine größere Kirmes auf dem Weg läge. Mit dem tatsächlichen Ziel hatte aber wohl niemand gerechnet. Mitten in Utrecht wurden wir am Straßenrand abgeladen.


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Und was besucht man dort mit gut 100 Freizeitparkverrückten? Natürlich das Eisenbahnmuseum! Smilie


Bereits 1927 wurde die Stichting Nederlands Spoorwegmuseum (Stiftung Niederländisches Eisenbahnmuseum) gegründet, welche im Jahr darauf das entsprechende Museum in einem heute nicht mehr bestehenden Gebäude der niederländischen Bahngesellschaft in Utrecht eröffnete. Damals bestand die Sammlung jedoch vorwiegend aus Bildern und Dokumenten. 1935 wechselte der Standort ins Hauptgebäude I der Staatsbahn und es wurde geplant, künftig auch historisches Rollmaterial zu erhalten. Aufgrund des zweiten Weltkriegs kam es jedoch vorerst nicht dazu und einige Fahrzeuge gingen leider verloren. Außerdem musste das Museum wieder weichen, die Ausstellung fand 1942 aber kurzzeitig einen Platz im Rijksmuseum Amsterdam, ehe sie nach dem Krieg im Obergeschoss des Amsterdamer Hauptbahnhofs zwischengelagert wurde. Schließlich konnte das Spoorwegmuseum 1954 wieder nach Utrecht zurückkehren - wobei ein Teil der Ausstellung schon im November des Vorjahres besucht werden konnte. Man übernahm dort die 1939 stillgelegte Maliebaanstation, wo endlich auch Fahrzeuge ausgestellt werden konnten. Über die Jahre wuchs die Sammlung des Museums immer weiter an, auch der Bahnhofsvorplatz wurde mit Loks und Wagen vollgestellt, diese waren dort jedoch der Witterung schutzlos ausgesetzt. Und so folgten mehrere größere und kleinere Um- und Ausbauten, in der aktuellen Form wurde das Spoorwegmuseum nach zweijährigem Umbau 2005 wiedereröffnet.


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Das 1874 eröffnete Empfangsgebäude wurde dabei wieder in den Ursprungszustand zurückversetzt.


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Inklusive Garderobe, Restaurant und Wartesaal der dritten Klasse im linken Flügel.


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Die erste und zweite Klasse teil(t)en sich einen Wartesaal im rechten Flügel.


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Daneben dient ein Gang der Lagerung und Ausgabe von Expressgut.


"Steigen Sie niemals ohne Ihren Koffer mit Träumen in den Zug.", empfiehlt Jan van Nijlen in seinem Gedicht "Bericht aan de reizigers" aus dem Jahr 1934. Die Tür am Ende des Ganges führt zum königlichen Wartesaal, dessen Einrichtung aus dem 1974 geschlossenen Bahnhof Den Haag Staatsspoor übernommen wurde. Der 1892 erbaute Wartesaal, in dem Königin Wilhelmina bei Bahnreisen auf ihren königlichen Zug gewartet hatte, wurde sorgfältig demontiert, restauriert und im Spoorwegmuseum wieder aufgebaut.


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Ein entsprechender Salonwagen gehört daher natürlich ebenfalls zur Ausstellung. Auch wenn es sich leider nur um einen Nachbau handelt.


Das Original wurde 1864 für die russische Zarentochter Anna Pawlowna gebaut, welche mit Wilhelm II. von Oranien-Nassau verheiratet war. Nutzen konnte sie ihn allerdings nie, ein Jahr später verstarb sie bereits. Daraufhin nutzte ihr Schwager Prinz Friedrich den Salonwagen, 1905 wurde er verschrottet. Der Nachbau stammt aus dem Jahr 2010, wobei zumindest die Toilette und der Waschtisch vom Original gerettet und eingebaut werden konnten.


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Mit dieser Einrichtung würde man wohl auch die ein oder andere größere Verspätung etwas entspannter sehen. Smilie


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Der Bahnhof Utrecht Maliebaan (nach der nahen Allee, welche einst als Spielfläche für das spätmittelalterliche Rasenspiel Jeu de Mail diente) wurde wie gesagt 1939 geschlossen.


Er lag an der Strecke von Amsterdam über Hilversum nach Utrecht Lunetten (ein reiner Umsteigebahnhof ohne Ein- und Ausgang), welche die Hollandsche IJzeren Spoorweg-Maatschappij (HSM) 1874 in Konkurrenz zur bereits 1843 eröffneten Strecke Amsterdam nach Utrecht - und später weiter nach Arnhem und Elten (Emmerich) in Deutschland - der Nederlandsche Rhijnspoorweg-Maatschappij (NRS) fertigstellte. Denn auch in den Niederlanden gab es in den Anfangszeiten der Eisenbahn verschiedene Gesellschaften, die alle ihre eigenen Strecken bauten und betrieben. Neben den privaten Gesellschaften wurde auch eine Staatsbahn gegründet, welche ab 1890 die NRS übernahm und 1917 eine Interessengemeinschaft mit der HSM gründete. Dies führte schließlich zur Fusion und Gründung der Nederlandse Spoorwegen (NS) im Jahr 1938 - wie die Deutsche Bahn eine Aktiengesellschaft, deren Anteile zu 100% beim Staat liegen. Mit der zunehmenden Zusammenarbeit wurden jedoch auch die bis dahin eigenständigen Strecken verbunden, sodass ab 1921 die Züge von Hilversum auch den Hauptbahnhof Utrecht erreichten. Damit verlor der Bahnhof Maliebaan endgültig seine Bedeutung und der Personenverkehr wurde letztlich eingestellt.


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Die Fahrzeuge des Museums wurden entlang des Hausbahnsteigs aufgereit, auf den durchgehenden Gleisen am Mittelbahnsteig fand noch Güterverkehr statt.


Das alle Bahnsteiggleise überspannende Dach - welches schon nur noch teilweise vorhanden war - wurde Anfang der 1960er Jahre abgerissen. Dafür entstand eine seitlich offene Einhausung des Bahnsteigs samt der Ausstellungsstücke. In diesem Fall die 1881 in Dienst gestellte Lok mit der Nummer 326, welche zur mit 179 Exemplaren größten Dampflok-Baureihe der Staatsbahn gehörte und bis 1939 zuverlässige Dienste im Schnellzug- und Güterverkehr leistete. Dahinter steht Lok Nummer 504, welche 1914 in Berlin das Licht der Welt erblickte. Und außerhalb des Daches parkt noch Triebzug 2133, welcher von 1978 bis 2020 im Einsatz war. Ich verlinke euch zu den Exponaten die jeweils zugehörige Seite der niederländischen Museums-Datenbank, falls jemand (Übersetzer-Tools gibt es ja genug) mehr über ein bestimmtes Fahrzeug wissen möchte. Das würde hier sonst vermutlich den Rahmen sprengen.


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Inzwischen kann auch ein Gleis am Mittelbahnsteig zur Abstellung von Museumsfahrzeugen genutzt werden. Hier der Motorpostwagen 3031, der ab 1966 zum Posttransport genutzt wurde.


Dahinter wurde 1974 ein zweiter Mittelbahnsteig samt Überdachung errichtet, welcher mit einer Fußgängerbrücke über die noch in Betrieb befindlichen Durchgangsgleise die Ausstellungsfläche des Museums erweiterte. 1988/89 folgte ein erster großer Umbau, bei dem auch das Außengelände deutlich erweitert wurde. Außerdem wurde erstmals ein Pendelverkehr vom Hauptbahnhof zum Museum eingerichtet, wobei ein Fahrtrichtungswechsel bei Lunetten nötig war. Auch wenn die Zeitersparnis dadurch gegenüber dem 1,5 Kilometer langen Fußweg gegen Null tendiert, besteht seit der Neueröffnung 2005 abermals ein stündlicher Pendelverkehr während der Öffnungszeiten des Museums, welcher hier am verbliebenen Gleis des Mittelbahnsteigs - also quasi mitten im Museum - hält. Seit 2012 ist der Pendelverkehr auch Teil des regulären Tarifsystems, kann also mit gewöhnlichen Fahrkarten genutzt werden (zuvor war ein Sonderticket notwendig).


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2009 wurde der Streckenabschnitt nach Lunetten aber stillgelegt, die Gleise wurden inzwischen durch einen Radweg ersetzt und enden kurz hinter dem Bahnhof Maliebaan.


Die Shuttle-Züge müssen seither von Norden anfahren, am Fahrtrichtungswechsel kommen sie aber auch dort nicht vorbei. Dieser erfolgt nun am Knotenpunkt Blauwkapel, wo sogar eine kleine Plattform auf die grüne Wiese gestellt wurde, falls der Zug mal aus zwei Teilen bestehen sollte (der Lokführer muss dann nicht komplett vom Zug herunterklettern, sondern kann über die Platform bequem in den anderen Zugteil umsteigen). Berühmt war der Knotenpunkt übrigens für seine spezielle Schienenkreuzung. Die Strecke Hilversum - Lunetten kreuzte hier in einem Winkel von 70° die Strecke Utrecht - Amersfoort. Obwohl erstere da schon nur noch vom Güterverkehr genutzt wurde, elektrifizierte man beide Strecken, was zu einer einzigartigen Konstruktion führte. Damit die Züge auf der verkehrsreicheren Strecke Utrecht - Amersfoort einigermaßen ungestört die Kreuzung passieren konnten, wurde die Oberleitung der querenden Strecke angehoben und nur im Bedarfsfall abgesenkt. Leider wurde die Kreuzung 2022 abgerissen, die Verbindungskurve in Richtung Amersfoort ist damit der einzig verbliebene Anschluss der Maliebaanstation. Immerhin liegen dort noch beide Gleise, auch wenn nur noch eines in Betrieb ist. Ein kurzes Video der beweglichen Oberleitung findet ihr auf Youtube.


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Aber zurück zum Museum. Die Rangierlok 103 von 1930 wurde 2019 im originalen Grasgrün frisch lackiert.


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Da auf der Südseite kein Zugverkehr mehr stattfindet, werden die Gleise nun ebenerdig passiert.


Der hier zu sehende Triebzug 273 gehörte zu einer Baureihe, welche nach dem Krieg entwickelt wurde, um möglichst schnell die zerstörten Fahrzeuge ersetzen zu können. 66 Vierteiler und 79 Zweiteiler wurden gebaut, überlebt hat jedoch nur dieses eine (zweiteilige) Exemplar. 2009 stieß einer der Pendelzüge mit diesem Fahrzeug zusammen, wobei der Museumszug gegen einen Prellbock geschoben und an beiden Enden beschädigt wurde. Nach einer Reparatur und der davon unabhängigen Nachrüstung eines vereinfachten Zugbeeinflussungssystems ist 273 aber wieder vollends einsatzfähig.


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Ein riesiger, lichtdurchfluteter Neubau wurde beim Ausbau bis 2005 auf der anderen Seite des Bahnhofs errichtet und bietet vielen weiteren Fahrzeugen Platz.


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Trotz aller Moderne wurde dabei versucht, die Eisenbahnwelt des 19. Jahrhunderts darzustellen. Hinter der Betriebsschule versteckt sich ein Veranstaltungssaal.


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Quasi als Hallen in der Halle wurden zudem verschiedene Welten eingerichtet, welche die Entwicklung der Eisenbahn zeigen.


Welt Nummer 1 ist mir dabei aufgrund der Vielfältigkeit und Größe des Museums ärgerlicherweise durch die Lappen gegangen - ich hatte sie schlichtweg übersehen. Unter dem Titel "Die große Entdeckung" wird dort die allererste Dampflokomotive der Niederlande ausgestellt. Wobei, so ganz stimmt das nicht. Die HSM hatte als erste Eisenbahngesellschaft nämlich gleich vier der von Stephenson patentierten Lokomotiven bestellt. Zuerst geliefert wurde die Snelheid (Geschwindigkeit), gefolgt von Arend (Adler), Hoop (Hoffnung) und Leeuw (Löwe). Snelheid und Arend zogen 1839 den Eröffnungszug auf der ersten niederländischen Eisenbahnstrecke von Amsterdam nach Haarlem. Grundsätzlich waren alle vier Loks baugleich, Snelheid und Hoop unterschieden sich jedoch in einigen Punkten von Arend und Leeuw. Und weil nur von letzterer noch Originalpläne vorhanden waren, baute man zum 100-jährigen Jubiläum eben einen Nachbau der Arend her, welcher heute im Spoorwegmuseum ausgestellt wird. Die Originalloks waren nämlich allesamt verschrottet worden. Sehr ähnlich zu Deutschland, unsere 1835 gelieferte Adler (da stimmt ja sogar der Name überein) war vom gleichen Typ und musste 100 Jahre später rekonstruiert werden. Aber wenn ich schon die erste Dampflok der Niederlande verpasst habe, kann ich euch zumindest die letzte zeigen. In den Niederlanden schob man die Dampfrösser nämlich vergleichsweise schnell aufs Abstellgleis und setzte frühzeitig auf Diesel und Elektro. So zog die oben zu sehende Lok 3737, welche 1911 das erste in den Niederlanden gebaute Exemplar dieser Baureihe war, bereits 1958 den offiziell letzten dampfbetriebenen Zug der Nederlandse Spoorwegen - mit Ziel Utrecht Maliebaan. Bei der Deutschen Bundesbahn war erst 1977 mit dem regulären Einsatz von Dampfloks Schluss, die Reichsbahn stand sogar noch bis 1988 unter Dampf.


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Hauptgrund für die Wahl des Eisenbahnmuseums als Ziel war Welt 3, Stalen Monsters. Bezugnehmend auf die großen Dampfrösser der 1930er und 1940er Jahre.


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Dort findet man sich zunächst auf einem Dachboden wieder, welcher mit unzähligen Utensilien aus der Welt der Eisenbahn übersät ist.


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Zuglaufsschilder, Kellen, Plakate, und vieles mehr.


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Zum Glück waren wir nicht an einem Dienstag dort, die Signalmittelprüfung hätte eine Menge unserer knappen Zeit in Anspruch genommen. Smilie


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Wobei, wenn da zwei Busladungen gleichzeitig rein rennen, ist die Aufenthaltsdauer eh etwas länger. Smilie


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Es wäre wohl sinnvoll gewesen, erstmal den Rest des Museums zu erkunden und erst später zurückzukehren, wenn der selbstverschuldete Ansturm abgeklungen gewesen wäre.


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Anfangs gab es wohl noch zwei Animatronics. Die wurden leider durch einen Bildschirm ersetzt, auf dem verschiedene Quizfragen zur Eisenbahn eingeblendet werden.


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Was hat denn so ein Stempelkarussell im Museum zu suchen? Die sind doch noch im Einsatz? Smilie


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Das Schild des Trans-Europ-Express fand ich da unten auf dem Boden auch etwas deplatziert. Es hätte einen prominenteren Platz verdient.


Der Grund für das langsame Vorankommen ist die Kapazität der eigentlichen Attraktion. Hinter Stalen Monsters verbirgt sich nämlich ein waschechter Darkride. Wobei ich behaupten würde, dass die vier Personen fassenden Wagen durchaus dichter aufeinander folgen könnten, aber zur Pre-Show werden immer nur 8 Personen eingelassen. Also zwei Wägen. Wenn die abgefertigt sind, müssen die Ride-Ops auf das Ende der nächsten Pre-Show warten, da geht sicherlich immer die ein oder andere Minute drauf (zumal dem an der Tür stehenden Besucher erstmal das Schild auffallen muss, dass die Tür nach dem Ende der Show manuell zu öffnen ist). Das Fahrsystem stammt von Kumbak, das Theming von SMILE of Experience. 2020 fand eine größere Überarbeitung statt, bei der vor allem das Licht- und Sounddesign durch Lagotronics erneuert wurde.

Die Fahrt beginnt mit einem fröhlichen "Goedemorgen!" aus dem Stellwerk, während der Wagen in ziemlicher Dunkelheit eine Rampe hinauf fährt, an dessen Ende ein projizierter Mitarbeiter an einem Formsignal hinauf klettert, um die Lampe zu wechseln. Vor dem daraufhin aufleuchtenden roten Licht können wir gerade noch anhalten, ehe der Kollege das Signal doch noch auf Fahrt stellt (bei sowas freuen sich die Lokführer immer besonders, hab ich mir sagen lassen Smilie ). Die anschließende Abfahrt führt vorbei an Lok 6317, welche 1931 vor allem für den Kohletransport in Dienst gestellt worden war. Diese Baureihe war bei ihrer Einführung die größte und leistungsstärkste Tenderlokomotive Europas mit einem Gewicht von 127 Tonnen. Allerdings war der Kohleverbrauch sehr hoch und die Heizer hatten alle Hände voll zu tun, weshalb die Lok auch als "De Beul" (der Henker) bezeichnet wurde. Dank der neuen Beleuchtung ist die Lok wohl deutlich besser zu sehen als früher, ein wenig schade finde ich es aber dennoch, dass sie in einem Darkride versteckt wurde. Kaum ist das Licht wieder aus, wird man auch schon von der nächsten Lok angestrahlt, auf die man frontal zufährt. Erst unmittelbar vor dem Kupplungshaken kommen wir zum Stehen, ehe unser Wagen auf einem Drehteller um 90° im Uhrzeigersinn gedreht wird. Zwischen den beiden sich quasi gegenüberstehenden Loks geht es nach einer Kurve weiter durch ein Tor in die Werkstatt. Dort befindet sich der Rest der Lok, von der wir zuvor nur die durch die Wand ragende Front gesehen hatten. Sie trägt die Nummer 1622 und war ab 1928 auf Java im Einsatz - damals als Niederländisch-Ostindien eine Kolonie, bis die Niederländer das Land nach dem zweiten Weltkrieg verlassen mussten. Die Indonesische Staatsbahn schenkte die Lok 1981 als Zeichen der Freundschaft dem Eisenbahnmuseum, wo sie den Namen "Sri Gunung" (Bergkönigin) bekam. Schließlich kommt der Wagen zwischen Lok und Tender vor einer Wand abermals zum Stehen. Erneut folgt eine Drehung um 90°, diesmal linksherum, sodass ein Blick auf den Führerstand der Lok möglich wird - inklusive dem Kopf eines Werkstattmitarbeiters, der kurz in der Öffnung der Brennkammer auftaucht. Meine Vermutung, dass der Tender hinter uns weggezogen und wir die Fahrt rückwärts fortsetzen würden, stellte sich allerdings als falsch heraus. Stattdessen fuhr die Drehplattform mitsamt unserem Wagen mit einem leichten Kribbeln im Bauch nach unten. Dort wird die Unterseite der Lok mega cool illuminiert, während wir unter ihr hindurch fahren. Schließlich führt die Fahrt wieder in ziemlicher Dunkelheit über den Abstellbahnhof. Zwischen zwei Personenwagen (die zur Abwechslung reines Theming sind), kommen uns mit quietschenden Bremsen plötzlich zwei Lichter entgegen. Die klappen aber glücklicherweise rechtzeitig als Tür zur Seite. Dafür wiederholt man den Zusammenstoß-Effekt gleich nochmal mit der nachgebauten Spitze eines Diesel-Triebzugs, dem wir mit einer abrupten S-Kurve ausweichen können. Und nach dem Passieren eines Umkleide- und Aufenthaltsraumes, dessen große Sprossenfenster eine Collage von Eisenbahnern im Laufe der Zeit darstellt, erreicht man auch schon den Ausstieg.

Ich bin etwas zwiegespalten was Stalen Monsters angeht. Es ist natürlich absolut verständlich, dass man die Attraktivität des Museums mit einer Themenfahrt steigern möchte. Bedauerlich ist aber, dass man dafür zwei der echten Dampfloks verwendet hat. Wobei die 1622 tatsächlich ganz gut eingebaut wurde, die kann ja nun sogar von unten bestaunt werden. Die 6317 kommt im düsteren Beginn der Fahrt allerdings nicht ganz so gut zur Geltung. Das Fahrsystem von Kumbak kam mir etwas laut und rumpelig vor, das mag aber auch so beabsichtigt sein. Hier und da hätten die Geschwindigkeitsänderungen gerne etwas sanfter erfolgen können. Abgesehen davon kann sich der Darkride aber wirklich sehen lassen. Insbesondere mit der neuen Beleuchtungstechnik, die dafür sorgt, dass man stets nur das sieht, was man sehen soll. Und das ist in der Regel dann auch wirklich eindrücklich und detailliert gestaltet, die nackten Wände direkt daneben werden gekonnt ausgeblendet. Hierzu empfehle ich auch den Blick hinter die Kulissen während besagter Überarbeitung in der Darkride Database. Die Beleuchtung ist absolut on Point, da können sich selbst Disney und Co. noch ein Scheibchen abschneiden. Großes Lob an Lagotronics. Jetzt müsste nur noch die Kapazität etwas höher sein. Wobei es wohl auch nicht allzu oft vorkommt, dass da 100 Freizeitparkbegeisterte gleichzeitig in die Queue stürmen.


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Im Anschluss nutzte ich den oberhalb des Hauptgangs entlangführenden Steg für einen Blick von oben auf die draußen befindliche Drehscheibe.


Die stammt laut Museum aus Magdeburg, wobei da jetzt nicht wirklich hervor geht, ob sie dort nur gebaut wurde, oder auch dort im Einsatz war. Ich bin jetzt etliche Bilder von Drehscheiben durchgegangen, aber ein solches Bedienerhäuschen wie hier konnte ich dabei nicht ausmachen. Die genaue Herkunft bleibt mir also leider unbekannt. Gebaut wurde sie jedenfalls in den 1930er Jahren und sie ist noch immer voll funktionsfähig - auch wenn man 2019 einen neuen Motor einbauen musste. Bei regelmäßigen Vorführungen wird dies auch unter Beweis gestellt, näher angesehen habe ich sie mir allerdings nicht. Übrigens enden sowohl die Gleise des angedeuteten Lokschupppens, als auch das vermeintliche Zufahrtsgleis auf der anderen Seite nach wenigen Metern im Nichts. Die 1956 gebaute Güterzug-Diesellok 2498 kommt da also nicht mehr so bald weg.


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Ausgestellt ist auch ein Modell der von Studenten der TU Delft entwickelten Hyperloop-Kapsel, welche 2015 die SpaceX Competition gegen über 2.000 Mitbewerber gewann.


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Der Steg führt auch um die aufgeständerte Lok 107 herum, welche 1889 zu den ersten Drehgestelllokomotiven der Niederlande gehörte.


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Statt einer einzelnen (Lauf-)Achse, verfügt sie über ein zweiachsiges Laufdrehgestell an der Front.


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Die Lok ist im Eingangsbereich der Halle aufgeständert, sodass man auch einen Blick auf die Unterseite werfen kann. Sie wurde 1940 als letzte dieser Baureihe ausgemustert.


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Der Schuppen, in dem sie mit anderen Museumsloks abgestellt war, wurde 1944 von den Deutschen gesprengt, wobei die Lok schwer beschädigt worden war.


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Gleich daneben befindet sich das TechLab, wo insbesondere die jüngeren Besucher spielerisch herausfinden können, warum die Eisenbahn so aufgebaut ist, wie sie ist.


Da müssen dann verschiedene Schalter und Kurbeln bedient werden, damit der Strom vom Kraftwerk in die Oberleitung fließt und sich der kleine Modellzug bewegt, auf einem etwas größeren Modellschienenstrang kann man vergleichen, warum die Räder konische statt zylindrische Laufflächen haben, der Einfluss der verwendeten Materialien auf die Reibung wird verdeutlicht und natürlich zeigt man auch die Vor- und Nachteile der verschiedenen Oberbauformen. Alles sehr schön und anschaulich umgesetzt, das ein oder andere hätte in meiner Ausbildung zum besseren Verständnis sicherlich auch nicht geschadet. Smilie


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Von oben bietet sich auch ein schöner Überblick über Welt 4: Züge im Laufe der Zeit. Darunter ein Reisezugwagen von 1910 - erstmals mit Plumpsklo in der dritten Klasse.


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Dazu die türkise 1201 von 1951 nach amerikanischem Vorbild und ein Gepäckwagen von 1914.


Ganz hinten an der Wand, leider verdeckt von den Aufbauten auf dem "Bahnsteig", parkt eine Zugkomposition aus drei "Blokkendozen" - ich würde es sinngemäß mit Baukasten übersetzen, wegen der Kastenform der Triebwagen, welche sich je nach Einsatzzweck beliebig kombinieren ließen. Der offizielle Name war entsprechend des Einführungsjahres Materieel '24, oder kurz Mat '24. In den 1950er Jahren wurden vermehrt Stromabnehmer und Motoren ausgebaut, sodass die Fahrzeuge als einfache Wagen im lokbespannten Einsatz weitergenutzt werden konnten. So auch bei allen drei hier ausgestellten. BD 9107 wurde später fürs Museum wieder mit Antrieb aufgebaut.


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Entsprechend der Bezeichnung enthält er Sitzplätze der zweiten Klasse (B), sowie ein Gepäckabteil (D) direkt hinter dem Führerstand.


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Wagen C 8553 wurde für Ausflugsfahrten im Museumszug mit einem kleinen Bordrestaurant samt Bar versehen.


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Die verbliebenen Sitze gehören zur dritten Klasse (C).


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Ebenso wie die Holzklasse in Wagen C 8104, die eher dem Original entspricht - und zwischenzeitlich sogar mal die zweite Klasse darstellte.


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Wer eben aufgepasst hat, kann schon erraten, ab wann die Triebzüge vom Typ Materieel '36 auf dem niederländischen Schienennetz unterwegs waren.


Es gab sowohl zweiteilige, als auch dreiteilige Kompositionen, wobei letztere später zu Vierteilern verlängert wurden. Dafür bekam ein Teil der Zweiteiler einen dritten Wagen. Dazu gehörte auch das hier ausgestellte Exemplar. Dessen komplette Geschichte durchzulesen war jetzt aber sogar mir zuviel. Nach der Ausmusterung 1968 sollte der Zug jedenfalls zu Testfahrten genutzt werden, der zusätzliche Mittelwagen wurde dabei entfernt und verschrottet. Entsprechend ist es nun wieder ein Zweiteiler, so wie er auch ausgeliefert worden war.


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Eine erste Klasse gab es nicht, die Mat '36 hatten nur eine zweite und eine dritte Klasse. Hier ist letztere zu sehen.


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Ein Blick in den ziemlich engen Führerstand.


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Die Triebwagen vom Typ DE1 waren wegen ihrer Farbgebung und der Flügel an der Zugspitze als blaue Engel bekannt, da sie ab 1953 einige Regionalstrecken retten konnten.


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Davon abgeleitet wurde De Kameel, bei dem die Führerstände zurückversetzt in zwei Höckern untergebracht wuden.


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An den Spitzen des nur einmalig gebauten Triebwagens waren Salons für je 14 Personen eingerichtet worden, dazu kamen eine Küche und ein Arbeitszimmer samt Telefon.


Der Wagen wurde nämlich gebaut, um der Geschäftsleitung die Inspektion ihres Streckennetzes zu ermöglichen. Später vermietete man ihn auch als VIP-Zug, sodass auch einige Staatsmänner und Promis mit diesem Gefährt unterwegs waren. 1982 brachte das Kamel die Band Queen von Amsterdam nach Leiden. 1991 musterte man den Wagen zunächst aus, um die blauen Engel mit Ersatzteilen versorgen zu können. Nach deren Ende wurde das Kamel wieder flott gemacht und ab 2008 sogar nochmals in seiner ursprünglichen Funktion als Inspektionswagen genutzt. Nach wie vor befindet sich der Triebwagen im Eigentum der Nederlandse Spoorwegen, 2019 wurde er aber endgültig außer Dienst gestellt und ist seither dauerhaft im Museum ausgestellt.


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Direkt angrenzend befindet sich eine große Modellbahn-Ausstellung, inklusive der originalgetreu wieder aufgebauten Werkstatt eines Hobby-Modellbauers aus Heeze.


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Die Stirnwand der Halle schmückt die älteste noch erhaltene Dampflok der Niederlande. Gebaut wurde die Nummer 13 im Jahr 1865 (der von einer anderen Lok übernommene Tender 1863).


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Ursprünglich in Großbritannien im Einsatz, wurde die 1954 gebaute 1501 im Jahr 1969 mit ihren 6 Schwesterloks von der Nederlandse Spoorwegen übernommen.


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Man kann auch im nachgebauten Kopf eines Sprinters (offiziell Stadsgewestelijk Materieel, SGM) Platz nehmen und sich mal als Lokführer versuchen.


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Die Zuid-Hollandsche Electrische Spoorweg-Maatschappij eröffnete 1908 mit solchen Triebwagen die erste elektrifizierte Strecke der Niederlande zwischen Rotterdam und Den Haag.


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Ein Luxus-Speisewagen von 1943 der Compagnie Internationale des Wagons-Lits darf natürlich auch nicht fehlen. Dieser war unter anderem mit dem Holland-Skandinavien-Express unterwegs.


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Etwas einfacher gehalten ist dieser kombinierte Speise- und Gepäckwagen von 1951. Das schnurlose Zugtelefon für die integrierte Telefonzelle wurde nie realisiert.


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Passend dazu parkt vor der Halle noch ein normaler Reisezugwagen in türkis aus dem Jahr 1950.


Wegen des Materialmangels nach dem Krieg wurden diese Wagen zunächst im Inlandsverkehr eingesetzt, ehe sie später auf den internationalen Routen zum Einsatz kamen. Die türkise Farbe war allerdings wohl nicht besonders langlebig weshalb das Farbschema schon wenig später zu einem Dunkelblau abgeändert wurde. Auch die davor parkende Lok 1312 wurde 1956 eigentlich in eben jenem Dunkelblau ausgeliefert. Daneben sind noch zwei Güter-Flachwagen und die Rangierlok 345 zu sehen.


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Zur gleichen Baureihe gehört auch Lok 362, welche Anfang der 1970er mit einem kleinen Teleskopkran für Gleisarbeiten und dergleichen ausgestattet wurde.


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Die Rangierlok 673 wurde 2012 vom Streetart-Künstler Hugo Kaagman in Delfter Blau gehüllt. Müsste nach 11 Jahren allerdings nochmal aufgefrischt werden. Smilie


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Ein Blick in Richtung Bahnhofsgebäude, mit unter anderem Nahverkehrs-Triebzug 876 auf dem äußersten Bahnsteiggleis.


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Auf dem Außengelände steht auch ein mechanisches Stellwerk.


Es wurde 1911 in Hoogezand-Sappemeer bei Groningen erbaut und tat dort bis 1986 Dienst. Zwei Jahre später wurde es abgebaut und im Spoorwegmuseum neu errichtet. Es war wohl das letzte Stellwerk mechanischer Bauform, von welchem Weichen und Signale im Streckennetz der Nederlandse Spoorwegen bedient wurden. Bei den elektromechanischen Stellwerken dauerte es tatsächlich bis 2006, ehe das letzte in Utrecht vom Netz ging. Auch die nachfolgenden Relaisstellwerke sind bereits größtenteils durch elektronische Stellwerke ersetzt worden. Hatte früher jeder Bahnhof sein eigenes - größere Bahnhöfe sogar mehrere - Stellwerk, wird der Großteil des niederländischen Zugverkehrs inzwischen aus 12 Verkehrsleitzentralen gesteuert.


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Betreten kann man den Bedienraum allerdings nicht. Er ist nämlich voll funktionsfähig. Von hier werden die Weichen auf dem Außengelände des Museums gestellt.


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Da dort nur rangiert wird, werden Hauptsignale nicht gebraucht. Sie stehen abseits am Rand des Geländes.


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Im Jahr 2002 gesellten sich ein Kohlenbunker und ein Wasserturm hinzu, zu deren Herkunft konnte ich leider nichts herausfinden.


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Statt Kohle beinhaltet der Bunker allerdings die Abteilung Oberbau. Zwischen Kleinteilen und Herzstücken von Weichen...


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werden vor allem verschiedene Schienenprofile, deren Laschung und die Verbindung zu den Schwellen gezeigt.


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Und diverse Werkzeuge sind ebenfalls ausgestellt - auch wenn es eher nach "in die Ecke geworfen" aussieht. Smilie


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Ein paar Schrankenbäume zwischen Heckenbäumen. Smilie


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In miserablem Zustand zeigt sich der "schwarze Rumäne". Ein lange Zeit verschollener Gepäckwagen.


Den Namen bekam er aufgrund des düsteren Erscheinungsbilds und seines Fundorts. Im Jahr 2003 entdeckte ein deutscher Eisenbahnliebhaber den Wagen nämlich in der Nähe von Bukarest, ein Jahr später konnte er in die Niederlande zurück gebracht werden. Die Wagennummer blieb zunächst unbekannt, bis sie dank des Rosts im Jahr 2007 unter dem rumänischen Lack wieder zum Vorschein kam. Seither ist klar, dass es sich um Gepäckwagen 4088 handelt, welcher 1914 gebaut und im zweiten Weltkrieg nach Deutschland entwendet wurde. Was dann in der Zwischenzeit mit dem Wagen angestellt wurde, weiß niemand.


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Der Wagen soll an die Deportation der Juden im zweiten Weltkrieg erinnern. Ein Blick ins bedrückende Innere ist daher unumgänglich.


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Zurück zu den erfreulicheren Seiten der Eisenbahn. Das Blockwärter-Häuschen kann auch von Innen besichtigt werden.


In Betrieb ging es 1910 an der Strecke zwischen Nijmegen und Arnhem. Genauer gesagt in Elst, wo der Blockwärter neben den Blocksignalen auch den Bahnübergang der namensgebenden Arnhemschestraat bediente. Außerdem wurden aufgrund der Nähe zu einem Haltepunkt anfangs auch Tickets verkauft. Die 9 Meter langen Schrankenbäume waren jedoch so schwer, dass bei windigem Wetter Hilfe zum Öffnen und Schließen vonnöten war. Nach kurzer Zeit wurde daher auf elektrische Schranken umgestellt, welche mit einem einfachen Knopfdruck bedient werden konnten. 1954 bekam zunächst die Strecke von Arnhem nach Elst einen automatischen Block, weshalb der Blockwärter besonders aufmerksam sein musste. Denn die Züge fuhren, egal ob er den Bahnübergang geschlossen hatte, oder nicht. Erst 1980 wurde auch die andere Fahrtrichtung mit einem automatischen Block versehen und der Posten geschlossen (der Bahnübergang selbst am heutigen Rijksweg Noord ist inzwischen auch einer Unterführung gewichen). Glücklicherweise fand ein Bauunternehmer das kleine Häuschen zu schade zum Abreißen, sodass er es auf eigene Kosten in seinen Garten bringen ließ, wo es jahrelang als Schuppen diente. Später schenkte er es dem Spoorwegmuseum. Beim großen Umbau des Museums blieb Blokpost Arnhemschestraat unbeachtet, erst 2017 wurde er frisch renoviert an einem neuen Standort auf dem Museumsgelände wiedereröffnet.


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Die Inneneinrichtung stammt allerdings nicht aus Elst, sie wurde mit ähnlichen Teilen nachgebaut.


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Eigentlich wollte ich nun zur zweiten Freizeitpark-Attraktion, aber im Chat forderte man uns auf, die Show im Stoom-Theater (Welt 2: Traumreisen) nicht zu verpassen.


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Als Foyer und Wartebereich des Theaters dient ein nachgebauter Bahnhof inklusive zweier Luxus-Reisezugwagen. Der 1904 gebaute 119 war tatsächlich auf Regionalstrecken unterwegs.


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Der Speisewagen 2287 von 1911 könnte dagegen auch im berühmten Orient-Express mitgefahren sein.


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Aber davon mal abgesehen: Sind wir irgendwo falsch abgebogen und bei Disney gelandet? Smilie


Die Show selbst entführt dann in die Welt des Orient-Express. Dabei können wohl vier verschiedene Geschichten mit der vorhanden Kulisse erzählt werden. Den süßen Fifi, von dem Tim in seiner Nachricht geschwärmt hatte, vermissten wir bei der letzten Vorführung des Tages nämlich, man wechselt da also durch. Wer total auf Theater steht, kann demnach auch mehrfach am Tag vorbeischauen. Bei uns war es Freifrau Annabel, die zum Unmut ihres Mannes alleine auf die Reise ging. Zentrales Bühnenelement ist natürlich der Orient-Express, welcher aus gleich drei Kulissen besteht. Außenansicht, das Abteil der jungen Dame und der Speisewagen nehmen je ein Drittel einer Drehplattform ein. Aus dem Publikum werden zwei Kinder ausgewählt, die links und rechts der Bühne nach Anweisung einige Hebel und Kurbeln bedienen dürfen, welche dann scheinbar den Vorhang öffnen und die Kulissen bewegen. Generell richtet sich die Show offensichtlich eher an Kinder, entsprechend findet auch eine rege Interaktion der übrigens alleine spielenden Darstellerin mit dem Publikum statt - natürlich auf Niederländisch, aber im Großen und Ganzen durchaus verständlich.


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Im Anschluss ging es für mich dann endlich zur Feuerprobe.


Das Gebäude diente früher der Modellbahnausstellung "Holland Rail Show", blieb nach dem großen Umbau 2005 jedoch zunächst leer. Es fehlte an Ideen, aber vor allem auch an Geld für eine neue Nutzung. Einige Jahre später ließ man sich in Orlando von den ganz großen Parks inspirieren und eröffnete 2012 De Vuurproef. Auf den überschaubarem, thematisierten Wartebereich folgt eine erste Pre-Show, in der Rutger Hauer - bekannt geworden als Replikant Roy Batty in Blade Runner (1982), jüngere Leser kennen ihn wohl eher als kaltblütigen Vorstandsvorsitzenden von Wayne Enterprises in Batman Begins - die Geschichte und gesellschaftliche Rolle der Eisenbahn erläutert. In der zweiten Pre-Show übernimmt die eher unbekannte Nhung Dam, welche den Besuchern verschiedene Aufgaben zuteilt. Denn schließlich geht es in einen von drei großen Simulatoren, in denen jeweils sechs Personen die Steuerung eines Zuges übernehmen sollen. Einer mimt den Heizer und soll den Kesseldruck erhöhen oder senken, der zweite spielt Lokführer und regelt das Tempo und der dritte ist als Bremser für das Stoppen des Zuges verantwortlich. Die drei verbliebenen Mitfahrer sitzen leider nur in der zweiten Reihe und drücken den Totmannknopf. Klingt verdächtig nach Millennium Falcon: Smugglers Run, oder? Da hat sich Disney offensichtlich vom THEA-Award-Gewinner in der Kategorie 4D-Simulator mit begrenztem Budget aus dem Jahr 2014 inspirieren lassen Smilie - wobei die Amerikaner natürlich etwas mehr als die 1,8 Millionen Euro zur Verfügung hatten, mit denen das Eisenbahnmuseum auskommen musste. Entsprechend bestehen die Simulatoren aus einer Kabine von Multi Pilot Simulations, vor deren Fenster eine große, gebogene Leinwand aufgebaut ist. Für die Bewegung sorgen Sitze von D-Box. Der Film führt durch sämtliche Epochen, vom Beginn des Eisenbahnzeitalters über die Moderne bis hin in die Zukunft - so richtig verstanden, was da passiert, habe ich allerdings nicht. Das Bedienen der Hebel und Drücken der Knöpfe hat anders als bei Disney übrigens keinerlei Funktion. Man besteht die Feuerprobe auch, wenn man gar nichts macht. Smilie Also die Idee ist klasse (sonst hätte sie Disney nicht zur Vollendung gebracht), aber beim Film merkt man leider deutlich das begrenzte Budget. Der Wartebereich und die Pre-Shows sind dagegen wieder sehr detailliert gestaltet.


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Zurück in der großen Halle, schaute ich noch bei der Ausstellung "Kinderen van Versteeg" vorbei.


Im September 1944 starteten die Alliierten mit der Operation Market Garden einen Versuch, den deutschen Westwall zu umgehen und den eigenen Truppen einen raschen Vorstoß ins Deutsche Reich zu ermöglichen. Zur Unterstützung rief die niederländische Exilregierung alle Eisenbahner zu einem Streik auf. Als Code für den Streikbeginn dient der Satz "De Kinderen van Versteeg moeten allen onder de Wol." (Die Kinder von Versteeg müssen alle unter die Wolle - also ins Bett). Versteeg war dabei ein Pseudonym für den damaligen Direktor der Nederlandse Spoorwegen und die Kinder waren entsprechend seine Angestellten. Rund 30.000 Eisenbahner legten ihre Arbeit nieder.


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Daneben finden sich unzählige weitere Artefakte des Museums.


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Darunter Lampen, alte Computer und weiterer Krimskrams. Und schließlich wurde es Zeit, sich wieder gen Ausgang zu begeben.


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Vorbei an einem für den Kohletransport genutzten Güterwagen und einem Viehwagen, welcher mit Baujahr 1864 der älteste noch erhaltene Güterwagen der Niederlande ist.


Fazit: Ich war sicherlich nicht der einzige, der sich darüber wunderte, dass wir mit 100 Freizeitparkverrückten ein Eisenbahnmuseum ansteuerten. Wobei eine gewisse Verbindung zu unserem Hobby nicht von der Hand zu weisen ist - Stichwort Mauch Chunk Switchback Railway. Und die Gestaltung des Spoorwegmuseums muss sich wahrlich nicht vor den Größen der Freizeitparkszene verstecken. Auch der Darkride Stalen Monsters und der Simulator Vuurproef können sich sehen lassen, auch wenn man hier und da doch merkt, dass das Budget etwas kleiner war. Da ein Großteil der Fahrzeuge betriebsfähig ist, haben sie oftmals keinen festen Platz, sondern wandern in der Halle umher. Es sind auch nicht immer alle Fahrzeuge vor Ort, dafür ist die Sammlung schlichtweg zu groß. Überhaupt muss man aufpassen, auf dem großen Museumsgelände nichts zu verpassen. In jedem Fall ist das Spoorwegmuseum Utrecht ein hervorragendes Familienausflugsziel und auch größere Eisenbahnfans kommen voll auf ihre Kosten. Das Konzept des Erlebnismuseums geht definitiv auf. 



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